Das Rassismusproblem der Wikipedia
Wenn man aufgrund seines Bekenntnis zum Antirassismus gesperrt wird
Die Wikipedia hat erklärtermaßen Autorenmangel und viele Artikel sind in einem bearbeitungswürdigen und veralteten Zustand. Vor allem aber transportieren einige Artikel auch eine fragwürdige Botschaft, obwohl vordergründig sehr viel Wert auf Neutralität gelegt wird. Ich wollte einige dieser Verzerrungen beheben, doch was ich erlebte, hätte ich nicht für möglich gehalten. Schikanen, Anfeindungen, und schließlich ein kompletter Ausschluss aus dem Projekt. Eine Rolle spielt dabei auch ein bekennendes FDP-Mitglied.
Es war Freitagabend, da habe ich mich entschieden, in der Wikipedia anzumelden. Durch meinen Benutzernamen und meine Benutzerseite habe ich gleich klar gemacht, dass Antirassismus für mich eine Rolle spielt. Ich nannte mich “Der Antirassist”, der Name war noch frei und viele andere Wikipedianer benennen sich nach den Themen, die sie interessieren (wie “Squasher” von Squash spielen).
Worum ging es inhaltlich: Vor allem übte ich Kritik am Artikel “Leistungsgesellschaft”. Dieser transportierte eine konservative Sichtweise, indem vorrangig konservative Autoren zitiert wurden: “So meint etwa David Brooks, dass die Führungsschicht der heutigen US-Gesellschaft mehr denn je Leistungskriterien entspreche, zugleich aber an Ansehen in der Bevölkerung eingebüßt habe.” lautet die Botschaft des Artikels. Andere Ansichten werden nicht erwähnt, etwa die strukturellen Barrieren durch Rassismus, die verhindern, dass Schwarze Menschen tatsächlich nach Leistung beurteilt werden zu können. Ich übte einerseits Kritik an der einseitigen Darstellung. Aber versuchte auch, eine andere Sichtweise beizutragen, indem ich einen wissenschaftlichen Fachartikel zitierte, der sich mit strukturellem Rassismus und dem Mythos der Leistungsgesellschaft beschäftigte. Der Quelle, die ich beitragen wollte, war “The Myth of Meritocracy and African American Health” von Naa Oyo A. Kwate und Ilan H. Meyer.
Mein Beitrag wurde direkt gelöscht. Die Quelle sei nicht gut genug für das Thema, wurde mir entgegengehalten. Das sollte einem doch stark wundern, denn warum ist im Gegensatz David Brooks mit einem Zeitungsbericht aus der New York Times für den Artikel geeignet? Hat die Wikipedia nicht das Gebot, zuallererst wissenschaftliche Quellen zu verwenden? Nun gut, ich fragte weiter nach und machte meinen Standpunkt deutlich, dass im Artikel eine fragwürdige Botschaft transportiert wird und keine Neutralität vorhanden ist. Ich stieß jedoch auf taube Ohren. Viele andere meiner eher kleineren Korrekturen, etwa am Artikel “Flüchtling” wurden ebenfalls gelöscht, ohne genauer zu begründen, was falsch gewesen sei.
Doch nicht nur das. Ich wurde immer wieder angefeindet, schikaniert und als Projektstörer gemeldet. Es gab zunächst eine riesige Kontroverse um meinen Benutzernamen. Mir wurde gesagt, dass ich mich so nicht nennen dürfe, denn Antirassismus sei nur eine "Ideologie". Und man dürfe in der Wikipedia keine Ideologien vertreten. Das war schon mal schräg. Aber gut, ich habe meinen Benutzernamen geändert, daraufhin war diese Sache erst einmal erledigt. Scheinbar.
Die Anfeindungen und Schikanen hörten aber nicht auf. Immer wieder haben mich die gleichen Personen verfolgt, weiterhin meine Änderungen gelöscht, und wollten eine Sperrung meines Accounts bewirken. Das waren vor allem die Benutzer RAL1028, -jkb- und Epomis87. Später kam noch Millbart hinzu. Man spürte, dass mein Bekenntnis zum Antirassismus für sie einen Punkt getriggert haben muss, bei dem sie sich entschlossen, mich los werden zu müssen.
Nun könnte man denken, die Moderatoren bzw. Administratoren der Wikipedia sollten einem doch vor so etwas schützen. Leider war das genaue Gegenteil der Fall. Die Administratoren Itti, Holder und Johannnes89 stellten sich auf die Seite der Bullys und sperrten mich aus. Meine Kritik an strukturellem Rassismus und an der einseitigen Quellenauswahl wurde mir direkt negativ ausgelegt. Ich sei nicht neutral genug, um mitarbeiten zu können, oder meine Kritik an der rassistischen Verzerrung des Artikels stelle gar einen “persönlichen Angriff” dar.
Ich habe dann noch versucht, eine sogenannte “Sperrprüfung” zu beantragen. Habe sogar angeboten, auf jegliche Fundamentalkritik zu verzichten, wenn das in der Wikipedia nicht erlaubt sei. Es half alles nichts, ich sollte gesperrt bleiben. Interessant ist, dass sich zumindest der Administrator Johannnes89 als FDP-Mitglied zu erkennen gibt. Ist er denn überhaupt noch neutral? Kann er da neutral beurteilen, ob ich einen nützlichen Beitrag leiste?
Eine Vielzahl von Benutzer:innen hat sich durchaus kritisch zu den Vorgängen gegen mich geäußert, es sind nicht alle gegen mich gewesen. Viele haben bestätigt, dass bei meinen Beiträgen keine Projektstörung vorlag, bei denen ich mich kritisch mit der rassistischen Wirkung mancher Artikel beschäftigte. Aber sie wurden nicht gehört. Letztendlich setzte sich die Meinung des FDP-Mitgliedes Johannnes89 und seiner Kolleg:innen durch, wonach ich nicht neutral und nicht geeignet für die Wikipedia wäre. Damit endete meine Reise in der Wikipedia.
Was soll man dazu sagen: Es scheint gerade in der Wikipedia sehr schwierig zu sein, über Rassismus zu reden. Man legt sehr viel Wert darauf, dass sich niemand getriggert fühlt. Die eigentliche Kritik und die eigentlichen Verzerrungen im Artikel geraten in den Hintergrund. Sind das akzeptable Zustände für die größte und wichtigste Enzyklopädie der Welt?
Update: Und noch eine Sache muss ich klarstellen. Ständig wurde mir vorgeworfen, ein “Troll” zu sein. Allerdings ist dies eine perfide Taktik. Zuerst hat man alles daran gesetzt, mich in die Ecke zu treiben. Durch Schikanen, Sperren, Löschungen. Ich habe mich bei all dem - zumindest versucht - zu wehren, denn ich bin ein wehrhafter Mensch. In einer Gesellschaft, die von Diskriminierung durchdrungen ist, muss man sich zu wehren lernen. Doch meine Wehrhaftigkeit wurde sofort gegen mich instrumentalisiert und als endgültiger Beweis, dass ich “Troll” sei, hergehalten. So sollen wir klein gehalten werden und alles akzeptieren, was die Moderatoren uns auftragen. Wie perfide ist das bitte?
Ich würde mich hier nicht eindeutig auf die eine oder andere Seite stellen wollen. Ich vermute(!), dass Martin Tubman tatsächlich ein paar Punkte in der Wikipedia (noch) nicht (richtig) verstanden hat. Womit er aber in jedem Fall absolut richtig liegt, ist, dass das rigide, unzureichend reflektierte und übereilte Handeln der "Trolljäger" und Administratoren, die den "Trolljägern" ziemlich blind folgen, in höchstem Maße projektschädigend für die Wikipedia ist.
Kurz zur Erklärung: Auch ich habe mich kürzlich bei der Wikipedia unter dem Benutzernamen "Tim Rennep" angemeldet. Und wurde nach nur wenigen Edits gesperrt, weil der hier schon erwähnte Benutzer RAL1028 der Meinung war, meine Anmeldung wäre eine "Sperrumgehung" von eben Dir, Martin Tubmann. Ich habe dies in der Vandalismusmeldung von RAL1028 als "unzutreffend" zurück gewiesen, wurde aber trotzdem von der Administratorin Felistoria umgehend gesperrt, mit eben dieser "Sperrumgehungs-Begründung".
Ich hätte erwartet, dass der geäußerte Verdacht, zur Not per Checkuser-Anfrage, überprüft worden wäre. Pustekuchen. Auch eine Sperrprüfung scheint mir wenig erfolgversprechend, da die Info-Seiten zur Checkuserprüfung u.a. besagen; "Anfragen zur „Entlastung“ eines Benutzers […] werden daher nicht ausgeführt." - Das heißt, dass solche Anfragen nur dem Nachweis einer "Schuld" dienen (können), nicht aber zum Beleg einer "Unschuld". So bleibt es in der wikipedia bei "schuldig bei Verdacht".
Ich weiß nicht, ob Du, Martin Tubman, willens und in der Lage bist, der wikipedia gegenüber zu bestätigen, dass ich nicht Du bin, würde mich aber freuen, wenn Du es versuchen würdest, und ich in der Folge wieder entsperrt würde.
Anzumerken bleibt noch: Dir wurde bei der Sperrung die Möglichkeit eröffnet, Dich mit neuem Konto neu anzumelden, Dich dann aber aus Rassismus-Themen raus zu halten. Selbst wenn mein Konto Deins gewesen wäre, hättest Du keine Chance gehabt, die angebotene Möglichkeit wahrzunehmen: Meine wenigen Edits hatten rein gar nichts mit "Deinem" Thema zu tun! - Und ich wurde trotzdem umgehend als "Sperrumgeher" gesperrt. Und meine Edits zudem blindlings gelöscht, obwohl sie mindestens gegen keine Regel verstoßen haben, sondern zT sogar hilfreich waren (ein nicht zielführender Link wurde auf das aktuell richtige Ziel geändert - nun führt er wieder ins "Nichts"...)
Ich glaube du verstehst nicht das du in keinem Fall einen neutralen Standpunkt eingenommen hast und den anderen Nutzer unterschwellig Rassismus vorgeworfen hast was ein PA ist. Auch deine etlichen Sperrumgehungen die in die gleiche Kerbe schlagen sind kein Zeichen von einer Enzyklopädischen Mitarbeit. Ich würde mir wünschen das du dir ein paar Wochen Zeit nimmst und Pause machst. Ein Neuanfang ist wie in der Sperrprüfung angemerkt immer möglich wenn man seine Verhaltensweisen ändert die zur Sperrung führten.